Die Diptera gehören zu den umfangreichsten Insektenordnungen weltweit. Ihre mannigfaltigen Vertreter eint ein gemeinsames Merkmal, welches sie von allen anderen Insekten unterscheidet: an ihrer Brust ist nur ein Flügelpaar, die Vorderflügel, ausgebildet. Die Hinterflügel sind zu kleinen trommelschlägelförmigen Schwingkölbchen reduziert, welche als Sinnes- und Steuerungsorgane für immense Manövrierfähigkeit bei schnellem Flug sorgen. - In Deutschland sind bislang über 9500 Arten bekannt geworden, man geht jedoch insbesondere bei großen, aus winzigen Vertretern bestehenden Familien wie z. B. Buckelfliegen und Gallmücken von einer hohen Dunkelziffer aus.

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Bibio hortulanus   Foto Dr. C. Brückner

Traditionell werden die beiden Unterordnungen Fliegen (Brachycera) und Mücken (Nematocera) unterschieden. Die Nematocera erwiesen sich inzwischen als paraphyletisch (sie enthalten nicht alle Abkömmlinge ihrer Stammart), was im Konflikt mit ihrer ursprünglichen Klassifizierung steht. Eine Lösung wäre die Aufgliederung in kleinere monophyletische Einheiten.

Der Name "Nematocera" bedeutet "Fadenhorn"(-Mücken), was auf die meist langen und dünnen Fühler anspielt, die neben den beiden Basalgliedern aus 6-14 (und mehr) gleichartigen Segmenten bestehen. In einigen Verwandtschaftskreisen sind die Fühler der Männchen auffallend buschig behaart. Mücken sind überwiegend zierliche, schlanke Tiere mit oft langen, leicht abbrechenden Beinen. Die größten heimischen Vertreter sind die Schnaken mit bis über 5 cm Flügelspannweite; trotz ihres imposanten Aussehens sind sie harmlos und stechen nicht. Der Körper der Mücken kann behaart oder fein beschuppt sein, kräftige Borsten fehlen aber.

Ein auffälliges Phänomen sind die oft riesigen Tanzschwärme der Männchen von Zuckmücken und anderen Verwandtschaftskreisen. Der Flügelschlag erzeugt einen Summton, der die arttypischen Weibchen anlockt.

Während die ausgewachsenen Tiere (Imagines) vieler Arten kurzlebig sind und keine Nahrung zu sich nehmen, bevorzugen andere, z. B. die Haarmücken, süße Säfte wie Blütennektar oder Blattlausausscheidungen. In verschiedenen Familien (u. a. Stechmücken, Kriebelmücken, Gnitzen) benötigen die Weibchen zur Produktion der Eier eine Blutmahlzeit, die sie mittels ihrer stechend-saugenden Mundteile aus wechselwarmen oder warmblütigen Tieren sowie dem Menschen gewinnen. Dabei können beim Wirt Allergien ausgelöst oder Krankheiten übertragen werden.

Die Larven haben ein völlig anderes Erscheinungsbild als die Imagines. Sie entwickeln sich überwiegend im Wasser, wobei manchen schon kleine Mengen (z. B. Pfützen, Regentonne) genügen. Sie ernähren sich von Algen, Mikroorganismen und Detritus, einige leben auch räuberisch. Die Larven verschiedener Arten bauen sich Gehäuse. - Terrestrische Larven besiedeln die oberen Bodenschichten und verwerten meist faulende Pflanzenstoffe, können aber auch Wurzeln schädigen. Viele Pilzmücken legen ihre Eier in Pilzfruchtkörper ab, sie sind an schattige, feuchte Lebensräume gebunden. Gallmücken haben sich oft hochgradig auf konkrete Organe einer bestimmten Wirtspflanze spezialisiert. Durch die Fraßtätigkeit der Larve wird die Pflanze zur Ausbildung einer Wucherung angeregt, in welcher die Larve heranwächst.

Nach mehrmaliger Häutung verpuppen sich die Larven. Die Puppen der Mücken sind beweglich und ohne Hülle, so dass man bereits die Gestalt der darin befindlichen Imago erkennen kann (Mumienpuppe). Sie öffnen sich beim Schlupf durch einen T-förmigen oder Längsspalt. - Aquatische Mückenlarven und Puppen sind eine wichtige Nahrungsquelle für viele Wassertiere.

Dr. Claudia Brückner

Literatur
Haupt, J., Haupt, H. (1998): Fliegen und Mücken. Beobachtung - Lebensweise. - Naturbuch-Verlag, Augsburg.
Morinière, J., Balke, M., Doczkal, D., Geiger, M. F., Hardulak, L. A., Haszprunar, G., Hausmann, A., Hendrich, L., Regalado, L., Rulik, B., Schmidt, S., Wägele, J.-W., Hebert, P. D. N. (2019): A DNA barcode library for 5,200 German flies and midges (Insecta: Diptera) and its implications for metabarcoding‐based biomonitoring. - Molecular Ecology Resources, 2019, 1-29.
Schumann, H. (1990): Ordnung Diptera - Zweiflügler. - In: Urania-Tierreich Band 3: Insekten: 484-586, Urania-Verlag, Leipzig, Jena, Berlin.
Schumann, H., Doczkal, D., Ziegler, J. (2011): Diptera - Zweiflügler. - In: Klausnitzer, B. (Hrsg.), Stresemann Exkursionsfauna von Deutschland, Band 2 Wirbellose: Insekten. 11. Aufl.: 832-932. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg.
Wiegmann, B. M., Yeates, D. K. (2017): Phylogeny of Diptera. - In: Kirk-Spriggs, A. H., Sinclair, B. J. (Hrsg.), Manual of Afrotropical Diptera. Vol. 1. Introductory chapters and keys to Diptera families. Suricata 4, 253–265. South African National Biodiversity Institute, Pretoria.